19. März: Essaouira – Die Farben einer Stadt

Der schönste Namen der Stadt ist As Sawira – »Welche schönes Bild«!  Gemeint sind die Farben, die Menschen, die Gerüche, die Geschichten, die sich beobachten lassen. 

Der Fischmarkt am späten Vormittag ist großes Kino in Cinemascope, unterlegt mit Musik, die auch bei den Donaueschinger Musiktagen gespielt werden könnte, ein Konzert für menschliche Stimmen, Wind, Möwengeschrei und Meeresrauschen. 

Die Schiffe werden entladen, 

die Kleinhändler kaufen den Vorrat für den Tag. Es ist Leben im Überfluss, zumindest, wenn man genug Dirhan in der Tasche hat.

Was man alles sehen kann:

  • ein Fahrrad mit Kreativ-Sattel
  • eine Katze aus 1001 Nacht, die hoch über der Straße auf der Mauer balanciert
  • ein Betteljunge, der ein Päckchen Tempos verkaufen will und einen Tanz vollführt, bei dem er auch das Schlagzeug imitiert
  • eine Touristin, die im Café sitzend eine Katze wie ein Kind im Arm hält
  • ein junger Marokkaner, der einem Europäer mit Kreislaufproblemen ganz selbstverständlich unterstützend die Hand reicht
  • herausgeputze Mädchen, die über die Straße schweben
  • große Karren mit frischen Erdbeeren
  • ein Mann mit einer Lampe, die er wie ein Minensuchgerät vor sich her trägt.
  • Bettler, die tatsächlich ein paar Dirhan bekommen
  • eine tote Ratte
  • völlig unangemessen gekleidete Touristen
  • ein Gasverkäufer mit Karren, der auf seinem Handy daddelt
  • zwei Jungen, die auf dem Fahrrad Akrobatik treiben
  • eine Frau in verwinkelten jüdischen Viertel, die ungefragt den richtigen Weg weist
  • 1001 Nacht am Tag

Im ehemaligen jüdischen Viertel liegt die Synagoge »Slat Lkahal« oder »Rabbi Haïm Pinto«, vorzüglich renoviert und von Polizei bewacht, betreut von einer muslimischen Frau, die die Besucher nach einiger Zeit der Besichtigung aus Gotteshaus herausbittet, damit sie zu Hause rechtzeitig das Mahl fürs Fastenbrechen zubereiten kann.  Das Zusammenleben der Religionen scheint in Marokko funktioniert zu haben. Und gegenwärtig unterstützt das Königshaus das nationale Erbe.

Aufgeschlagen auf dem Lesepult der Synagoge, der Bima, liegt die Thora mit dem Lied vom Anfang der Welt, das die Schönheit der Schöpfung beschreibt und die Welt als Geschenk Gottes preist. 

Immer wieder taucht die Frage auf, wie die Völker und Nationen zusammenleben können. Wir sehen hier in Essauoira die vielen Farben des Lebens, wir lassen uns verzaubern von einer fernen nahen Welt. Und wir hören mit Schrecken von den Bestialitäten, die im Namen von Ideologien an den jungen Männern und Frauen, an Alten und Kindern begangen werden, um Ehre und Ansehen wiederherzustellen oder aus sonstigen absurden Gründen, angeordnet von Herrschern, die verurteilte Verbrecher sind, gegen die Haftbefehle vorliegen oder die offen die Gesetze des Landes missachten und die Würde der Menschen mit den Füßen treten. 

Eine Möwe ist keine Taube, nein, aber den Frieden verkünden kann sie allemal. Hier in Essaouira kann man die Farbe des Friedens lernen.

20. März: Essaouira II

Bayt Dakira oder das Haus der Erinnerung ist ein Museum über das Zusammenleben von Juden und Moslem in der Stadt, das in den vergangenen Jahrhunderten vergleichsweise gut funktioniert hat. Immer, wenn wirtschaftliche Interessen und persönliche Beziehungen funktionierten, konnte man die Grenzen überschreiten. Durch seine Ausstellung seltener Objekte, Texte und Fotografien versucht das Museum, die Koexistenz zwischen Muslimen und Juden in der Stadt zu zeigen. 

Die Besucher werden durch den Ausdruck »Shalom Aleykoum«, »Salam Lekoulam« begrüßt, der eine Mischung aus Arabisch und Hebräisch ist, um die Freundschaft zwischen Juden und Muslimen zu veranschaulichen.

Eine hebräische Bibel neben einem Koran, ein visionäres Bild.

Und was zeigt dieser Baum an seiner Spitze? Ist das nicht eine Davidsstern? Oder eine Täuschung? Oder ein »Hineinsehen«? Mir gefällt es. Auf die Idee muss man erst mal kommen.

Der Traum vom Fliegen: mit dem Wind spielen, ihn für sich arbeiten lassen. Das kann die Möwe.

Der Traum vom Fliegen: für ein paar Sekunden.  Dann ist die Grenze erreicht. Der Mönch am Meer macht seine Reise im Innern.

Auch ein Abschied. Der Gedanke an das Ende der Reise sickert in den Tag, beim Besichtigen, beim Schlendern und Schauen. Die Freude über eine schöne Reise vermischt sich mit Wehmut und Trauer. 

Was kommt hinter dem Horizont?

21. März: Marrakesch – Frauen-Kunst und Fastenbrechen

Einsame Frau und Schattenspiele, an der Stadtmauer von Marrakesch. Die Frage nach Ausschnitt und Perspektive stellt sich immer wieder – und die Fragen nach dem Leben: Woher kommt sie? Wohin geht sie? Was macht sie dort?

Einsame Frau und Schattenspiele, ein Bild eines marokkanischen Fotografen aus dem MACMA, dem  Musée d’art et de culture Marrakech. Und die gleiche Frage auch hier: Woher kommt sie? Wohin geht sie? Was macht sie dort?

Ein Bild von Haida Zizi, im Musée de la Femme, gegenüber dem Restaurant Le Jardin, wie der Reiseführer sagt. 

Das Frauenmuseum ist extrem wichtig für Frauen in Marrakesch und in Marokko überhaupt. Das Museum kann ihnen eine Stimme verleihen in einer islamisch-patriarchalischen Gesellschaft. Und auch dies: Die Frauen erhalten Unterstützung von allerhöchster Seite. Der König Mohammed VI hat sich in der Vergangenheit positiv geäußert und auch was getan. Gerade im Bereich der Bildung hat er sich engagiert, indem er die Lehrerausbildung verbessert und Straßen bauen lässt, die auch die abgelegensten Bergdörfer erreichen. Aber wir wissen, wie langsam solche Prozesse dauern.

Ein Bild im Schaufenster einer Galerie hat mich in den Verkaufsraum gezogen, ein anderes Bild aber, man kann es oben sehen, hat mich fasziniert. Die Farben von Marrakesch, von Fanak Abdeljalil haben mich angesprochen. Im Gespräch mit dem Inhaber der Galerie, der vor Jahren in Heidelberg studierte und meinen Blick auf das Bild richtig interpretierte, haben wir schon präzise die Transportmodalitäten besprochen – wenn der Kauf zustande kommt. Inschallah.

F’Tour (Fastenbrechen) nach traditioneller Sitte: auch wenn man (wie unsere Reisegruppe) nicht gefastet hat:  

Eier – Datteln – Honigkringel – Mandel/Sesam-Paste  

Das ist die Vorspeise, der traditionelle Beginn des Feinbrechens. Dann aber geht es erst richtig los: Alles, was die Küche kann, kommt auf den Tisch, der immer zu eng für die Fülle ist. Wenn man den ganzen Tag nichts gegessen und getrunken hat, (wie die frommen Moslems), kann das schon mal zu Problemen führen. Bei Hitze und Wassermangel kollabiert der Kreislauf, beim unkontrolliertem Essen gibt es gerne mal Leibschmerzen, mit  Krankenhausbesuch. So sollte es eigentlich nicht sein. Das Fastenbrechen im Ramadan ist immer ein Fest, mit Familie und Freunden.  

Für unsere Reisegruppe ist das Fastenbrechen am letzten Abend der festliche Abschluss einer bemerkenswerten Reise, in einer außergewöhnlichen Gruppe,

mit einem engagierten Reiseleiter, der die Farben und Gerüche, die Klänge und die Geschichte des Landes erfahrbar machte. 

Es waren drei grandiose Wochen in einer bunten, kreativen und humorvollen Reisegruppe zwischen Meer, Städten, Gebirge und Wüste.

DANKE, Frank

22 Nach der Reise

Der letzte Tag: Zunächst erscheint der Flug storniert, dann mit 20 Min Verspätung angezeigt, letztlich waren es 45 Min., bis der Flug nach Lissabon startete: Die Wetterbedingungen dort waren extrem schlecht, bei der Landung waren sie nur noch sehr schlecht, was uns eine richtig harte Crosswindlandung bescherte. In Frankfurt waren wir das letzte Flugzeug, das vor der Nachtruhe aufsetzte. 

Zum Abschied gab es many big hugs und viele Einladungen zum Besuch. Wie schön, dass wir miteinander reisen konnten. 

Das war’s!

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Und eine kleine Bitte an die Leserinnen und Leser meines kleinen Blogs: 

Weist mich auf Fehler und Dummheiten hin und schreibt einen kleinen Kommentar. Dazu muss man entweder links oder unten oder hier »Schreibe einen Kommentar« anklicken.

Ich grüße euch von Herzen

Bernhard