
Wenn der Tag in einem marokkanischen Steakhaus endet, in dem auch Fischsuppe und Spaghetti serviert werden, die die Anstrengungen des Tages wieder vergessen lassen, kann ich mich, einigermaßen gestärkt, daran machen, den Tag zu beschreiben – zumindest das, was mir wichtig erscheint.
Volubilis ist die einzige römische Stadt in Marokko, ein wunderbarer Ort. Die Römer nannten das Land »Mauretania« Land der Dunklen«, wovon sich das Wort »Mohr« ableitet. Es lebten bis zu 20 000 Menschen in der Stadt, bevor sie als Steinbruch benutzt wurde. Historiker können wohl eine typische Provinzstadt erkennen, der Reisende freut sich über die herrliche Umgebung und über die vielen Mosaike in der Stadt, die die Zeiten überdauert haben und etwas vom Lebensstil und Denken der Menschen übermitteln. Meine Lieblingsmotive: Ein Orpheus, der die Tiere mit seiner Musik zähmt und eine Darstellung des Mithras, wie er den Stier besiegt. In Heidelberg findet man ebenfalls ein Zeugnis des damals verbreiteten Kultes. Globalisierung gab es schon in der Antike.

Ich habe eigentlich nicht damit gerechnet, dass ich in Marokko viele Porträts machen könnte. Heute hat sich das nicht bestätigt. Das Bild hier zeigt einen Mitarbeiter auf dem Areal von Volubilis, der selber nach einem Foto fragte – und nach einem Kugelschreiber für die Kinder: win – win.

Meknes ist die kleinste der vier Königsstädte, gegründet im 11. Jhd., sehr wohlhabend, liegt in einer fruchtbaren Ebene. Bei der Fahrt heute sind wir über Stunden hinweg durch grüne Landschaften gefahren, die eher an ein nördliches Land denken lassen als an Afrika. Nur die Palmen haben die nordischen Assoziationen infrage gestellt.
Auch die Geschichte dieser Stadt ist geprägt von Kriegen und Unterdrückungen und versank dann in Bedeutungslosigkeit. Ich habe keine Lust auf Aufzählungen von Schlachten.
Heute aber können hier viele Menschen gut leben, und die Touristen sind beeindruckt vom überbordenden Leben einer orientalischen Altstadt, in den Souks der Handwerker. Am besten lässt man sich treiben, um dann festzustellen, dass man sich hoffnungslos verlaufen würde, wenn nicht der Guide ein Auge auf seine Schäfchen geworfen hätte und sie zum sicheren Pferch in Gestalt des Tour-Busses führt.

Wie immer ist die Zeit zu kurz, um alles wahrzunehmen: die Gerüche und Geräusche in den engen Gassen, die Handwerkskunst der Schreiner und Schlosser, die Menschen, die mich für einen kurzen Augenblick ansehen und die ich hier mit ihrem Porträt und ihrer Kunst ehren möchte.
